Meine Zeit bei YuccaTree neigt sich dem Ende zu, und ob ich danach an anderere Stelle weiterbloggen will, steht für mich noch nicht sicher fest. Vielleicht trotzdem der beste Zeitpunkt, um Bloggern einige Modelle für die Zukunft vorzustellen und zu diskutieren, wohin die Reise gehen könnte.
1. Die rasenden Blog-Reporter
Zu berichten gibt es eigentlich genug. Wenn auch nicht jeden Tag ein Kracher, dann im Schnitt aber trotzdem drei bis fünf Themen täglich, von denen es sich lohnt, mal drüber zu schreiben. Die US-Techblogs wie Gizmodo, ReadWriteWeb, Venturebeat und Techcrunch hauen praktisch im Stundentakt Themen raus. Über alle zu schreiben, wäre eine Vernachlässigung dem Leser gegenüber, denn zu den journalistischen Aufgaben zählt auch das Filtern. Aber eine gute Nachrichtenseite, die dauerhaft besteht, exklusiv und hochaktuell berichtet, die hat auch heute noch gute Chancen.
Voraussetzungen: Schnell sein, auf allen Kanälen präsent sein (Website, Twitter, Facebook, Buzz, RSS, …), möglichst viele gute Quellen durchforsten, gute Pressekontakte aufbauen, Ahnung von der Materie haben, dauerhaft am Ball bleiben.
Nachteile: Das Pensum ist dauerhaft für einen alleine nicht zu meistern, es sei denn, man legt es drauf an, sich nach ein paar Monaten mit einem Burnout einweisen zu lassen. Es muss also ein Team mit Arbeitsteilung her und das bedeutet: höhere Kosten, die man mit einem Blog erst einmal erwirtschaften muss.
2. Der Analytiker
Visits sind noch immer die stärkste Währung für Blogs. Wem die Content-Schleuder mit Allerweltsthemen zu aufwändig ist, der könnte es mit deutlich weniger Content und Nischenthemen versuchen. Statt fünf Meldungen am Tag dann vielleicht nur ein Thema im Monat, das dann aber aufwändig recherchiert ist und einen solchen Hype erzeugt, dass im Endeffekt genauso viele Besucher kommen. Das bedeutet meist weniger Arbeit. Jan Tißler vom Upload-Magazin will diesen Weg gehen.
Voraussetzungen: Hohe Bekanntheit und gute Vernetzung, sonst wird aus dem Hype-Thema ein Sturm im Wasserglas. Gutes Gespür für Themen; auch hier ein gewisser Druck, dass niemand die gleichen Themen schon vor einem veröffentlicht.
Nachteile: Die einzige Gefahr ist, dass ein Thema vielleicht nicht so einschlägt wie erhofft. Dann verendet der einzige Gaul, den man ins Rennen geschickt hat.
3. Das Schnipsel-Blog
Nicht jeden Tag kommen ein iPhone oder ein neues Facebook auf den Markt, und nicht immer schafft man es, mit einem Thema der Erste oder der Kreativste zu sein. Die Lösung könnte ein Tumblelog sein, ich würde es mal frei mit “Schnipselblog” übersetzen. Es ist eine Mischung aus eigenen Beiträgen und kommentierten Auszügen anderer Websites. Diese Schnipsel können Bilder, Audios und Videos aber auch Textfragmente sein. Markus Beckedahl folgt diesem Prinzip in seinem Blog Netzpolitik, was seine Arbeitsressourcen schonen dürfte und trotzdem für die Leser interessant ist.
Einen ähnlichen Weg geht auch Kollege Tueksta mit seinem Posterous-Blog. Mit dem Blogdienst lassen sich zum Beispiel ganz einfach Bookmarklets einfügen, Textfragmente, die man mit einem Browser-Plugin von einer anderen Seite ausschneiden und in sein Blog einfügen kann. Posterous übernimmt die Verlinkung und gibt die Quelle an.
Voraussetzungen: Viel Recherche und hohe Aktualität. Ansonsten aber eher wenig: Der Mix aus Meldungen und Schnipseln erlaubt es dem Blogger/der Bloggerin, nicht aus jedem Thema eine ganze Meldung stricken zu müssen.
Nachteile: Sehr flüchtige Inhalte. Die Leser müssen bereit sein, viel zu scrollen und viele Themen aufzunehmen.
4. Das Hybrid-Blog
Auf der Social-News-Plattform Digg soll es sich vor Kurzem zugetragen haben, dass ein Leser einen Kommentar in Berichtform geschrieben hat, der den Originalartikel nach einhelliger Meinung in den Schatten stellte. Warum dann nicht gleich die Leser die Beiträge schreiben lassen?
Aber so einfach funktioniert es ja auch nicht. Die Leser wissen zwar häufig mehr als der Autor, ihnen fehlt aber die Idee für das Thema, sie haben nicht immer Zeit und Lust zu schreiben, und auch wenn sie mehr wissen, bedeutet das noch lange nicht, dass sie auch besser schreiben können.
Die Lösung könnte also eine Art Hybrid-Blog sein, wie Robert Basic es für sein Projekt Buzzriders kürzlich vorgestellt hat. Die sehr interessante Idee stellt Blogger und Kommentatoren auf eine Stufe. Basic dazu: “Technisch verheiratet man sozusagen WordPress mit der Timeline-Funktion von Facebook”, wobei man Facebooks Timeline-Funktion nur kopiert. Ein Hybrid-Blog würde das beste aus beiden Welten kombinieren, den oft groben Ton zwischen Autor und Lesern minimieren, den beiderseitigen Aufwand verringern und mitunter sogar bessere Ergebnisse liefern.
Voraussetzungen: Das Hybrid-Blog muss technisch auf dem neuesten Stand und einfach zugänglich sein. Trolle sollten über Dienste wie Facebook Connect ausgeschlossen werden.
Nachteile: Das soll erst einmal einer übersichtlich und lesenswert hinbekommen! Vielleicht wäre der Facebook-Lifestream dem am ähnlichsten:
5. Das Genossenschaftsmodell (Mehrautorenblog)
Wenn ein Blog interessant sein und täglich Leser anlocken soll, dann lässt sich das nicht als Nebenbei-Projekt durchziehen. Es sei denn, man verteilt die Arbeit auf mehrere, am besten sogar ganz viele Schultern. Ich bin überrascht, wie wenig Beispiele es dafür gibt. Es gibt Mehrautorenblogs wie BasicThinking, Stereopoly und Carta. Meistens hat dann aber ein Protagonist die Hauptarbeit. Anders – vermute ich zumindest – stehen die Aktien bei Engadget German und Czyslansky. Hier scheinen die Autoren gleichberechtigt zu posten. Wenn sich dabei jeder an einen festen Arbeits- und inhaltlichen Plan hält, kann der Aufwand für alle Beteiligten gering gehalten werden.
Voraussetzungen: Gute Koordinationsstrukturen wie Wochenplan und inhaltliche Vorgaben.
Nachteile: Wenn der Plan nicht aufgeht, bleibt das Blog gesichtslos.
6. Der Persönliche
Er schreibt, wann er will, was er will und wie er will und folgt dabei keinen Vorgaben. Seine Leser lesen ihn trotzdem, weil sie seinen Stil oder einfach die Person dahinter mögen. Dabei geht es nicht in erster Linie um die Inhalte, sondern um die Figur, die präsentiert wird. Beispiele: Ibo Evsan, Sascha Lobo, Robert Basic oder Nico Lumma.
Voraussetzungen: Die Person muss sich erst einmal einen Namen machen und schon irgendwo ein spannendes Leben führen (oder zumindest so tun als täte sie es).
Nachteile: Wer sich als Rampensau präsentiert, muss damit rechnen, viele Kritiker auf den Plan zu rufen. Und die könnten einem in bösen Kommentaren das Leben schwer machen.
7. Das Themenblog
In der Nische liegt sich’s gemütlich – das gilt auch weiterhin. Wer einen interessanten Themenbereich abdeckt, über den nur er schreibt und zwar besser als andere, der wird auch in Zukunft erfolgreich bloggen können. Verschwörungstheoretiker Fefe, Lawblogger Udo Vetter oder Netbooknews-Macher Sascha Pallenberg können ein Lied davon singen.
Voraussetzungen: Der Autor muss gut schreiben können, um das Nischenthema einer breiten Masse nahe zu bringen.
Nachteile: Früher oder später kommen die Nachahmer, die einen Teil des “Marktes” für sich beanspruchen.
Welches Modell ihr als Blogger auch wählt, eins halte ich für unabdingbar: In einen Blogbeitrag gehört die Meinung des Autors. Objektiv berichten, das sollen die Nachrichtenjournalisten übernehmen. Auch Blogger können und sollen neutral sein, andere Leute zu Wort kommen lassen und fundiert berichten. Aber immer mit eigenem Kommentar, denn das zeigt die Kompetenz des Autors und ist das, was Blogs ausmacht.
Dass diese sieben die einzigen Modelle sind, das möchte ich hiermit übrigens nicht behaupten. Aber gerne diskutiere ich mit euch darüber und höre mir an, welche Ideen ihr habt!
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