Mit dem iPad ist es genauso wie mit dem iPhone: Es laufen (ohne Hacks) nur Programme darauf, von denen Apple das auch möchte. Das ist, wenn man so will, digitale Zensur. Egal ob der Inhalt einer App, der in Deutschland noch als jugendfrei durchgehen würde, in den USA schon zu “erotisch” ist oder ob Apple keinen anderen Browser neben sich duldet: Wer sich Apple ausliefert, muss das in Kauf nehmen.
Eventuell ist das vielen Menschen einfach egal und vermutlich gehöre ich als jemand, der seine Computer bis vor ein paar Jahren noch selbst zu bauen pflegte, zu einer Minderheit, wenn ich sage, dass ich bitteschön entscheiden möchte, welche Programme auf meinem Computer laufen dürfen und welche nicht – und kein Hersteller. Geschenkt, die Diskussion ist nicht neu.
Cory Doctorow von BoingBoing fand ein paar weitere Argumente: Tatsächlich geht Apples Politik über die reine “Zensur” hinaus. Was die einen als Vereinfachung sehen, die es einer noch breiteren Masse ermöglicht, Computer möglichst problemlos zu bedienen, ist für ihn ein Anzeichen von “Infantilisierung” des Anwenders, der nicht einmal die Batterie des Gerätes noch selbst wechseln darf.
Das ist natürlich der Anwender, der eher eine App kauft, als sich die Information im Web zu beschaffen. Deshalb auch suchen Verlage gerade ihr Heil im Appstore. Endlich haben sie wieder einen “walled garden”, für den sie Eintrittsgeld verlangen können, allerdings um den Preis, dass sie nicht mehr selbst Türsteher am Gartenzaun sind. Seien wir mal ehrlich: Apps sind proprietär. Sie sind ein Kanal nur für ein einziges Gerät: das iPad und vielleicht noch iPod und iPhone. Sicher: Apple hat Millionen dieser Geräte verkauft, aber wieviele Menschen besitzen ein iPhone, wieviele ein anderes Smartphone und wieviele ein klassisches Handy? Beziehungsweise: Wieviele werden ein iPad kaufen, wieviele einen anderen Tablet-Computer und wieviele bei klassischen Computern oder aber Smartphones bleiben?
Was also ist eine App, die nur von einer ziemlich kleinen Zielgruppe genutzt werden kann, überhaupt wert, wenn es um die Finanzierung des Massengeschäfts Journalismus geht?
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Ich fürchte außerdem, dass Apple dabei ist, dem Prinzip der Apps das eigene Grab zu schaufeln, in dem sie konsequent auf Flash verzichten und HTML5 unterstützen. Damit kann man so dermaßen viel anstellen, dass sich jede beliebige App auch als Webseite realisieren ließe. In absehbarer Zeit wird nur eine relativ kleine Minderheit aller Anwender die Apps des Appstore überhaupt nutzen können, ein HTML5-fähiger Browser jedoch wird in fast jedes tragbare Gerät Einzug gehalten haben.
Die ersten Anbieter werden auf die Idee kommen, mit anderen Finanzierungskonzepten ihre Inhalte wieder gratis für alle anzubieten. Apples Appstore konkurriert, zumindest was journalistische Inhalte angeht, mit dem freien Web, und dagegen hat sich bisher noch nie ein geschlossenes kommerzielles System durchsetzen können. Wenn die Verlage schlau sind, versuchen sie weder ihr Glück mit einer politisch kaum durchsetzbaren Holzmedien-GEZ noch flüchten sie in proprietäre Apps eines sie gängelnden Herstellers. Besser setzen sie sich alle an einen Tisch, um eine “Meta-App” zu bauen. Eine App, die im Web läuft, von jedem Gerät nutzbar ist, und deren Benutzung moderat kostenpflichtig ist, deren Inhalte aber sexy genug für den Leser sind, diese Kosten auch einzugehen.
Dann könnte es was werden. (Update:) Gerrit van Aaken hat ein paar Ideen dazu. Egal, wie es weiter geht: Das iPad wird weder die Verlage retten noch das wilde weite Web zähmen können. Also kauft das Ding ruhig, wenn ihr es toll findet.
Update: Dass man das iPad auch sehr viel deutlicher kritisieren kann, zeigt Don Dahlmann.
Update: Kleiner Spaß am Rande…
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